Tagebuch Dez 2016
Alle bereiten sich für Weihnachten dem Fest der Freude vor, um zu feiern. Der Tod und Hunger steht aber in Rumänien vor der Haustür.
Im Einsatz Rumänien unterwegs mit „ Direkthilfe e.V.“
1 Tag, Donnerstag den 08.12.2016
Start um 07:15. Fahrt nach Straubing. Verladen der zusätzlich mitgenommenen Ware, Blutzuckermessgeräte, Medikamente, Brillen und Winterbekleidung. Um 08.00 Uhr ging es mit einem privaten PKW in Richtung Rumänien. Über Passau, Wels, Wien, Budapest. Kontrolle an der rumänischen Grenze ging schnell. Der Nebel versperrte weitgehend die Sicht. Nur kurze Momente ließ sich die Sonne blicken. Die ganze Strecke wurde in einem Zug durchgefahren. Nur eine kurze
Pause wegen eines Tankstopps war notwendig. Verpflegung und Getränke waren an Bord. Gegen 19.00 Uhr erreichte die Mannschaft dann den Ort der Zwischenübernachtung, Arad, ca. 80 km hinter der Grenze. Gemeinsames Abendessen mit ausgiebiger Fachsimplerei. Danach war jeder Bratfertig für die Bettruhe im Hotel Conandi. Sergiu Balaci, David Wagner, Gerda Müller, Johann Schötz
2. Tag, Freitag den 09.12.2016
Um 07.30 Uhr Frühstück. Danach Abfahrt nach Resita. Zuerst auf der Autobahn, dann nach Osten. Später nach Norden. Die großen Felder begleiteten uns auf dem ersten Teil auf der neuen Autobahn. Wenn auch diese neu gebaut ist, sind bereits wieder Bodenwellen bei der Fahrt spürbar. So umfuhren wir die Ausläufer der Westkarpaten. Wenn der Nebel es zulies, konnten wir die weißen Gipfel der Karpaten erkennen. Weit vor Resita ging es in ein Hügelland mit wenig landwirtschaftlicher Nutzfläche. Resita liegt in einem Tal, wo früher Schwerindustrie ansässig war. Die vielen Reste von Betriebshallen ließ uns schon nachdenklich werden. Je näher wir dem Kern der Stadt kamen umso auffälliger wurden die halbverfallenen Wohnblöcke. Ohne Fenster, aber es hing Wäsche zum trocken aus. Bei Frau „Flori“ angekommen bestätigte sich unsere Vermutung. Bei der Einsatzbesprechung legten wir fest, dass einige Wohnungen in den verfallenen Hochhäusern Besuche zu machen und dann den weiteren Ablauf abzustimmen. Bei der Ankunft zeigt uns die Lage den wahren Zustand der Gebäude und anschließend die Besichtigen der Wohnungen. Frau Flori klärte mit den Bewohnern ab was wir besichtigen durften.
Grob zusammengefast: Rohbauzustand ohne Böden und teilweise ohne Fenster. Keine Wasserversorgung und dürftige Sanitäranlagen, soweit überhaupt vorhanden. Keine Heizung. Kein Ofen zum Heizen und Kochen, Wasser zum Spülen der „Plumpsclos“ musste von dem angrenzenden Fluss geholt werden. Verschüttetes Wasser fror zum Zeitpunkt der Besichtigung sofort zu Eis. Auf ca. 6 Quadratmeter wohnten bis zu 6 Personen( 2 Erwachsene und 4 Kinder ) keine Betten, nur Cauchs. Kein Bettzeug, nur Decken. Mir persönlich viel auf, dass Kinder ohne Socken und nur mit leichter Bekleidung und Schuhwerk gesichtet werden konnten. Die Erwachsenen standen bei der Bekleidung auch nicht viel besser da. Mit meinen medizinischen Kenntnissen konnte ich nur feststellen, dass die meisten Kinder, ebenso Erwachsene massive Erscheinungen von Unterernährung bzw., Mangelerscheinungen hatten.
Mich erinnerte das an die alten Bilder von Kriegsberichten und Flüchlingsaufzeichnungen. Zusammengepfercht und ohne menschenwürdige Unterbringung. Nur für den Bereich Deutschland war der Wiederaufbau das Ziel. Nur in dem Bereich Resita ist der Aufbau nicht erkennbar. Keine Arbeit für die Männer. Die Lebenshaltungskosten sind genauso hoch wie in Deutschland. Wir haben uns davon überzeugt. Der Verdienst, wenn eine Arbeitsstelle vorhanden, liegt bei ca. 800 Lei. Das sind umgerechnet ca. 180 Euro. Die Stadt verlangt noch von der „Bruchbude pro QM 6 Lei noch umgerechnet 20 Euro Miete (Ohne Wasser und Sanitäranlagen. Weiter geht es mit der Rente. Die eigentlich keine ist. Arztkosten sind durchwegs selber zu berappen. Wir entschieden uns für eine Punkthilfe. Eine Verteilung von Hilfsgütern an die Familien hätte nur sozialen Unfrieden gestiftet. Frau Flori organisiert das über die Kleiderkammer und Suppenküche, mit Gütern der Hilfe aus Deutschland. In einem Wohnblock besorgten wir pro Etage einen Holzofen zum Kochen und Heizen. Diese sollten schnellstens geliefert werden. Frau Flori übernahm die Organisation. Mit diesen Eindrücken ging es 300 Km weiter nach Rosia de Secas. Gegen 20.30 Uhr erreichten wir das Dorf in den Karpaten. Nach einem kurzem Gespräch bei einer Familie, die aktiv die Rumänienhilfe unterstützt. Nebenbei Abendessen. Dann verschwanden wir nach dem anstrengenden Tag im Bett.
3. Tag, Samstag den 10.12.2016.
Nach dem Frühstück um 08.00 Uhr brachen wir zur Familie Moldoveanu auf. Das Haus hat zwar einen funktionierenden Holzofen, aber sonst ist nichts mehr was nach einer bewohnbaren Hütte aussieht. Zum Glück ist Holz im umliegenden Gebüsch zu holen. Bei Regen ist die Zuflucht im naheliegenden Ziegenstall mit Blechdach. Hier pfeift der Wind schon auf Grund der Lage durch die Bretter. Das Trinkwasser muss ca. 3 km vom Dorfbrunnen geholt werden. Der Besitzer lässt sie dort hausen. Da sich die Rumänienhilfe direkt um das Problem annahm, konnte mittels Sponsoren aus Deutschland ein Haus in einem ca. 10 km entfernten Dorf angekauft ( Teilzahlung, Rest 2017 ) werden. Ein Umzug der Familie ist noch vor Einbruch des Winters in den nächsten Tagen geplant. Die Kinder und der Opa sind in einem gefährlichen gesundheitlichen Zustand. Auch hier warten die Kranken bis zuletzt, den Arzt zu besuchen, denn die Kosten müssen die Bürger selber tragen. Wir besichtigten gemeinsam die neue Bleibe. Einzug ist sofort möglich, die notwendigen Arbeiten des Wasseranschlußes werden bis Weihnachten abgeschlossen sein. Danach ging es weiter zu einer Familie mit 7 Kindern, deren Eltern beide Krank sind ( Vater Wirbelverletzung durch Arbeitsunfall ). Hier konnten wir mit Lebensmittel und Kleidung eine Soforthilfe leisten. Da uns ein Mitarbeiter der Rumänienhilfe Direkt begleitete und die Krankendaten erfasste ist eine Heilbehandlung über Sponsoren nicht ausgeschlossen. Hier spenden Betriebe aus Deutschland monatlich kleine Beträge, die genau für diese Notfälle verwendet werden.
Danach Besprechung über weiteres Vorgehen der Hilfe mit Kleidung und Lebensmittel. Letzteres sollte so verteilt werden, das monatlich die Familien eine bestimmte Menge Grundnahrungsmittel geliefert bekommen. Die Vertrauensperson wurde festgelegt. Danach verlegten wir noch zur Übernachtung in die Nähe von Petrosani. Hier besuchten wir noch eine Familie, die Jahrelang über die Sozialstelle Kinder aufnahm. Es sind bis jetzt über 20 Kinder die sie groß gezogen hat. Alle sind in festen Arbeitsverhältnissen und besuchen die Familie immer wieder. Zurzeit sind noch 5 Kinder aus sozialen Problemfamilien bei Ihr in Pflege und werden wie die eigenen Kinder behandelt. Der Aufenthalt in der Familie bestätigt auch das. Diese Hilfsbereitschaft von rumänischen Familien war ein kleiner Ersatz für das was wir in den vergangenen Tagen erlebten. Kleine Inseln der Hoffnung im Meer der Hoffnungslosigkeit und Trostlosigkeit.
4. Tag, Sonntag den 11.12.2016.
Frühstück um 07.30 Uhr. Bereits um 08.00 Uhr waren wir wieder unterwegs. Ein großes Tagespensum in Petrosani lag vor uns. Wir besuchten einige Familien die in der Zuteilungsliste standen. Die mit dem LKW angelieferte Ware wurde in Räumen der Universität zwischengelagert. Dort übernahmen wir die Ware für die Tagestour. Die Leiterin der UNI, Frau Felicia unterstützt die Hilfe mit den Studenten der Fachrichtung Sozial bei der Ermittlung der Hilfsbedürftigen, sie führen die Verteilung der Ware aus Deutschland nach Abstimmung mit der Direktorin der UNI durch. Für die Beschaffung von Lebensmittel gehen sie Betteln oder sie führen Aktionen durch wo Geldmittel für die Lebensmittel beschafft werden. Als nächstes übergaben wir 50 Blutzuckermessgeräte an eine Ärztin. Diese wurden von der Möchhofsapotheke in Viechtach zur Verfügung gestellt, bzw. gespendet. Die Ärztin bedankte sich für die hochherzige Unterstützung bei Ihrer Arbeit. Das große Problem bei der Diabetisbehandlung ist die Armut und die einseitige Ernährung. Weiter fuhren wir in ein Tal wo vor ca. 40 Jahren noch aktiver Bergbau betrieben wurde. Die Hallen der Betriebe wurden von der Natur zurückerobert. Nur noch einzelne verrostete Anlagen und eingestürzte Gebäude.
Dann besuchten wir zuerst ein Geschwisterpaar, das schon Jahre ohne Eltern in einer Hütte lebt. Die Tochter mit 18 Jahren war in der Arbeit, nur ihr Bruder war zu Hause. Kein Wasser, Kein Ofen zum Kochen, keine Waschgelegenheit. Kein WC. Als Heizung diente ein kleines Heizgerät mit Strombetrieb. Weiter ging es zu einer noch schlimmeren Unterbringung. Ein Blinder, durch einen Arbeitsunfall im Bergbau, hatte einen kleinen Raum wo er sein Tagesessen, eine Semmel im Wasser mittels Elektroofen wärmte. Der nächste Sozialfall, auch ein Arbeitsunfall im Bergbau, hauste in einer Garage. Er erschien mit einer Wollmütze. Als er diese vor der UNI Leiterin, Frau Feilicia und Ihren Studenten entfernte war seine linke Kopfseite plus Gesichtsseite eine unverheilte Wunde, mit massiven Wucherungen. Vom zerstörtem Auge bis zum herabhängenden Ohr komplett offen. Er erzählte uns, dass kein Arzt die Behandlung übernehme. Die nässende Wunde reinigt er mit Clopapier. Der Verein Rumänien Direkthilfe e.V. will mit den Studenten jetzt einen Facharzt suchen und die Behandlungskosten ermitteln. Wie das ganze verlaufen wird, hoffen wir bald zu hören. Über den Grund der Verletzung konnten wir keine klare Ursache erfragen. Bergbau kann vieles sein!!. Weiter ins Tal fahrend besuchten wir noch die Mutter der UNI Direktorin. Sie wurde auch im Bergbau bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt. Sie verlor beinah ihre Stimmbänder. Nach einer kurzen Pause stand noch das Kinderheim auf dem Zettel. Dort sind normal 34 Kinder in Pflege. Von 3 bis 18 Jahren. Sie bleiben länger bis sie Ihre Ausbildung fertig haben. In den letzten 30 Jahren durchliefen 100 Kinder die Betreuung. Wir brachten kleine Geschenke mit. Der LKW hatte auch bereits Geschenke vom Gymnasium aus Straubing für die Kinder abgeladen. Nach der Darbietung des weihnachtlichen Krippenspiels mussten wir die frohe und freundliche Gruppe wieder verlassen. Die Zeit drängte, denn zur Übernachtung wollten wir noch Arad erreichen. Das wurde noch bis 20.00 Uhr geschafft. Einsatzbesprechung über die gesamte Tour.
Ergebnis: Die Hilfe kommt an. Die Verteilung der Hilfsgüter wird direkt den Betroffenen übergeben. Viele Familien und Studenten helfen mit, anderen zu helfen. Mangelnde ärztliche Versorgung. Hauptproblem ist die Arbeitslosigkeit und die
Versorgung mit Grundnahrungsmittel. Nach der täglichen Einsatzbesprechung waren wir alle Reif für die „Insel“. Verarbeiten der Erlebnisse des Tages.
5. Tag, Montag den 12.12.2016. Rückreise
Frühstück um 08.00 Uhr. Danach Rückfahrt nach Deutschland. Sonne und Regen begleiteten uns des Weges. Zwischendurch kurze Pause. Ankunft gegen 20.00 Uhr. Ein Einsatz ging zu Ende, der ganz andere erschütternde Erlebnisse zum Verarbeiten nach sich zieht. Vergleich mit dem Konsumdenken vor Weihnachten, dem Fest der Freunde und dem erbärmlichen Zustand und Hunger in Westrumänien, Bereich Westkarpaten. Nur knappe 900 km von Deutschland entfernt und Mitglied der europäischen Union.
Wer mithelfen will und kann darf sich an der Linderung der Not beteiligen. Wäre auch ein schönes Weihnachtsgeschenk in religiöser, moralischer und humanitärer Sichtweise.
Verein „Helfende Hände e.V. Dekanat Viechtach.“ Bankverbindung; Geno Bank Donau Wald EG IBAN Nr. ( DE37 7419 0000 0025 7613 9 ) Kennwort Rumänienhilfe.
Der Verein sucht einen neuen Arbeits- und Lagerbereich mit ca. 200 Quatratmeter. Mindestanforderung: Trocken, sicher vor Mäusen, Heizbar, Sanitäranlagen, Ebenerdig. Zufahrt zwecks Verladung der Hilfsgüter auf LKW Sattelaufleger möglich. Ansprechpartner ist Alois Kappl, Rosengasse 3, 94239 Zachenberg-Köckersried. Tel 09929-2939 oder 0175-9142818